Schaukasten außen - Zweitausendeins - Jazzschnäppchen |
Kennt jemand noch Zweitausendeins ? .. Hallo ?! .. Zweitausendeins ? .. Jaa, genau. Der Laden wo es das meiste günstig, bis billig gab. Aber die auch nicht alles hatten. So wie ich, ich hatte auch nicht alles. Aber zu meiner Zufriedenheit eigentlich das meiste.
Was will ich sagen, ich glaube, es ist ganz einfach :
Ich wurde mit einem mir bisher unbekannten Lied konfrontiert. Im Radio. Damals. Der Titel ist mir durch die Lappen, der Interpret nicht. Die Melodie und Stimmung des Instrumentalsongs musste ich in meinem musikalischen Erinnerungsschädel konservieren. Im emotionalen Lappen. So lange ich keinen Tonträger dieses unbekannten Liedes hatte, wurde es fest verankert in meinem Hinterkopf. Und nicht im Plattenregal. Ich musste mir halt das Lied irgendwie merken. Schließlich war es Liebe auf den ersten Blick. Jaaa, das gibt es, gerade beim Hören.
Und dann vergeht eine sehr, sehr lange Zeit, bis ich den Song finde. Weil, wie gesagt, den Titel kannte ich nicht, die Platte kannte ich nicht. So 40 Jahre hat es gedauert, dann schlug der Zufall zu. Zufällig. Mein Warten wurde belohnt. Meine kleinen grauen Gehirnzellen mit einer Meisterleistung. Das Lied war halt auch zu gut.
Was war passiert ?
Ich konnte es damals einfach nicht lassen, und hörte eine jener unzähligen Jazzsendungen im Radio SWR 2 von Joachim-Ernst Berendt.
Ein paar Eindrücke zu Joachim-Ernst Berendt, ein Artikel zum 100-sten von JEB, von BR Klassik, sei hier verlinkt :
(Der letzte Absatz am Schluß des Artikels, also die letzte Frage und Antwort, finde ich besonders rührend und emotional. Der Rest des Artikels natürlich auch...)
JEB stellte eine Neuveröffentlichung von Jimmy Giuffre vor. Ein Song. Ohne viel Erklärung.
Nun, Jimmy Giuffre ist bei mir als eher traditioneller, kammermusikalischer Klarinettist kleinerer Besetzungen abgespeichert. Eher ruhiger Jazz, swingender Jazz, geschmackvoller Jazz.
Ganz kurzer Überblick :
Jimmy Giuffre Trio mit Jimmy Giuffre, Jim Hall (g), Ralph Pena (b).
Jimmy Giuffre Trio mit Jimmy Giuffre, Jim Hall (g), Bob Brookmeyer (tb).
Jimmy Giuffre Trio mit Jimmy Giuffre, Paul Bley (p), Steve Swallow (b).
Diese Musik mit Bley und Swallow wurde als Entwicklung freier Musik gefeiert. Das Schlagzeug war sowieso seit längerem nicht mehr nötig. Der Free Jazz wurde nicht nach außen exaltiert betrieben, sondern freie Spielflüsse eher nach innen durchforstet. Und das ganz vorsichtig. Zum Schutz.
Achtung, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Jazzfreunde. Es folgt ein Video, noch nicht das langjährig gesuchte, sondern ein älteres Video,
Jimmy Giuffre Trio / The train and the river (1958).
Es ist ein Hit des Trios, aufgenommen beim Newport Jazzfestzival für den Film "Jazz an einem Sommerabend."
Die Musik ist der Vorspann, man sieht alle Musikernamen des Festivals, das Jimmy Giuffre Trio sieht man ab 01:55 Min. Erst am Ende sieht man alle drei. (04:32 - im modernen Columbo-Outfit).
Typische amerikanische Avantgardekameraführung.
Ich will mit "Train and the River" zeigen, was bislang Jimmy Giuffre für mich war. Etwas Älteres. Vielleicht etwas "Richtung langweiligeres". Aufjedenfall kein Archie Shepp, oder John Coltrane oder sowas. Sagen wir mal, nicht sowas aufregendes.
Jimmy Giuffre Trio / The train and the river (1958 - 04:40)
Nun zum Lied, das mir Joachim-Ernst Berendt damals im Radio vorstellte ...
Whow, was ist das denn...Elektronische Tupfer, E-Bass, Drums, Eine ruhige, faszinierende Melodie,
ein geschmacksvolles Arrangement. Und miteinander Spielen. Ich dachte damals, ein abgeklärtes Alterswerk, einfach saugut gemacht. Das merke ich mir und werde es suchen. Es gibt viele, die dann mal auch mit Elekronics daherkommen, und es passt einfach nicht. Hier war es, trotz Modernität, zeitlos. Die Klarinette von Giuffre wirkte nicht mehr wie ein Holzblasinstrument. Es wirkte wie ein gelungener Teil eines Synthesizers. Das bisher bewährte in einer neueren, besseren Verpackung. Zawinul und Hancock hätten ihre Freude daran.
Dies Lied von dem "renommierten Alten" hat mich vom ersten Ton an fasziniert. Und nicht mehr losgelassen.
Hier ist es :
Jimmy Giuffre, flute, bass flute, soprano, tenor sax, clarinet; Pete Levin, Rhodes electric piano, Oberheim synthesizer, Moog synthesizer; Bob Nieske, electric bass; Randy Kaye, percussion, marimba.
Zusammenfassung :
Waren es damals die Anfangspassagen, die mich faszinierten, ist es heute alles. Die ruhige Time.
Die Solis aller. Mir hat mal einer gesagt, am Schwersten sei es, ein Stück in langsamen Tempo zu spielen. Diese Leute hier können es meisterhaft. Schnell huddle kann jeder.
War bisher für mich der Song mit interessantem elektronischen Opening assoziiert, so höre ich heuer,
den Blues. Das Stück ist ja voller Blues, total cool !!
Gefunden hab ich das Lied, durch ein Zusammenspiel einer Diskographierecherche mit Abklappern auf YouTube. Das Album "Dragonfly", auf gut Deutsch : "Großlibelle". Gibt es noch nicht lange auf YouTube.
Beim ausgewählten Reinhören von "Cool" hatte ich einen Volltreffer. Ich muss sagen, die anderen Songs aus der Epoche, ... die kommen an "Cool" nicht ran.
Wenn man das Lied "Cool", von Giuffre, googelt, da kommt auch nix. Es scheint niemand zu kennen. Bei den Suchergebnissen kommt nur anderes Cooles zum Vorschein.
Nun denn, wir wissen jetzt, was es bedeutet.
1983 gehört im Radio.
2023 gehört auf YouTube.
ENDE
PS : Mir ist da eine gewisse Ähnlichkeit aufgefallen. Also wenn ich "Cool" im Kopf abspielen lasse, dann erinnert mich das irgendwie an noch einen anderen Song. Es hat 2 Tage gedauert, bis ich herausfand, dass die andere Melodie "Blue Monk" ist. Ich bin die ganze Jazzhistorie durch. Ich will nicht sagen, da hat einer vom anderen abgekupfert, nein. Ich will sagen, da sind 2 Songs entstanden, von Brüdern im Geiste.
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